Literarische Debüts
Shownotes
Was passiert, wenn Schreibende ihr erstes Buch veröffentlichen? Wie geht der Feuilleton mit neuen Schreibenden um? Wie gehen Debütantinnen mit Neid um? Und wie können wir den Literaturbetrieb lebendiger gestalten? Darüber sprechen Hatice Açıkgöz und Zara Zerbe gemeinsam mit unseren Gästinnen Şehnaz Dost, Theresia Enzensberger und Ralph Tharayil.
"Auf See" von Theresia Enzensberger
"Schlafen" von Theresia Enzensberger
"Nimm die Alpen weg" von Ralph Tharayil
Zara hat ein Buch geschrieben! Zaras Debüt „Phytopia Plus"
Ihr wollt, dass wir unseren Podcast nachhaltig produzieren können? Dann untersützt uns doch auf Steady
Redaktion: Hatice Açıkgöz, Dara Brexendorf, Zara Zerbe Schnitt: Zara Zerbe Mix: Chris Wacker
Transkript anzeigen
Hatice: Literarisch solidarisch. Ein Podcast-Experiment. Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Literarisch solidarisch. Heute sprechen wir über Debüts und ich bin hier, Hatice, Autorin aus Hamburg, gemeinsam mit Zahra Zerbe, Autorin aus Kiel, die gerade ihr Debüt veröffentlicht hat für Tupia Plus und Verbrecher Verlag Könnt ihr gerne einmal auschecken, auch in den Shownotes. Und wir sind hier einmal mit Schenas Dost. Hallo, Schenas. Hallo. Dann haben wir noch Ralf Tarayil. Ralph: Hi.
Hatice Und Theresia Enzensberger. Hallo. Hallo. Danke, dass ihr gekommen seid und über eure Debüts mit uns sprechen werdet.: Ralph: Richtig, Niles, Hatice: wir freuen uns schon richtig. Ralph: Freue mich auch. Hatice: Ihr euch auch, Ralph: oder, Shainers und Theresia? Ja Hatice: ich bin. Zara: Ja, wir sind auch ganz gespannt, weil ihr habt ja zu unterschiedlichen Zeitpunkten eure Debuts veröffentlicht. Also Shainers war ja dieses Jahr dran. Ralf, du warst letztes Jahr, oder? Ralph: Genau, eben früher, 2023. Zara: Genau, stimmt. Du hast ja eben gesagt, anderthalb Jahre. Und ich musste jetzt gerade noch mal kurz Kopf rechnen. Und genau, Zara: Theresia, du warst ja 2017. Also bist du quasi unsere dienstälteste Debutantin Obwohl wenn man nachgeliefert hat, irgendwann ist man ja eigentlich nicht mehr Debutantin oder? Ich weiß gar nicht, wie das Wording da offiziell ist. Ja, ich glaube, so läuft das. Ja, genau. Aber ihr habt ja alle sozusagen das magische Initiationsritual des Literaturbetriebs, also ein Debüt-Oman-Schreiben, hinter euch gebracht.
Wie ging es euch denn beim Schreiben des: Debüts? Ralph: Ja ich wusste nicht genau, ob es ein Debüt wird, ehrlich gesagt. Deswegen hatte ich nicht so den Gedanken, dass ich an einem Debüt schreibe, glaube ich. Also damit meine ich nur, es gab vielleicht eine gewisse Unsicherheit beim Schreiben des Buchs, ob es jetzt überhaupt veröffentlicht wird oder nicht. Weil ich hatte jetzt vorher keinen Verlag oder so. Genau, deswegen weiß ich gar nicht, wie ich die Frage beantworten soll, weil ich habe nicht an ein Debüt gedacht. Ich habe nur gedacht, ich hoffe, ich kriege das Buch irgendwie fertig. Und dann ist es erst viel später gekommen, als es ja ein Debüt war. Als solches bezeichnet wurde, da wurde mir irgendwie klar, ja shit, das ist ja echt. Und jetzt passiert es. Aber davor war das ja sehr virtuell irgendwie. War noch nicht so ganz da angekommen bei mir.
Hatice Und deins ist ja auch mehr experimentell, ne? Dein Roman oder wird so bezeichnet. Weil das sieht aus wie Lyrik.: Ralph: Ja, genau. Also ich glaube, vielleicht war auch so deswegen so ein bisschen, naja, was heißt Unsicherheit, halt einfach so vielleicht eine Art von, ja doch, vielleicht Unsicherheit da, wie das irgendwie angenommen wird oder überhaupt vom Verlag angenommen wird oder so. Hatice: Schön, dass du weitermachen würdest so wie es dir beim Schreiben vom Debüt ging. Sehnaz: Ich Hatice: glaube, Sehnaz: mir ging es vielleicht nicht unähnlich wie Ralf. Ja. Was mich jetzt nicht so überrascht, weil wir glaube ich auch im Austausch schon festgestellt haben, dass wir die eine oder andere Gemeinsamkeit haben in unserem Arbeiten.
Ich denke, dass es aber ab einem gewissen Punkt bei mir sich in die Richtung verändert hat, dass ich gemerkt habe, dieser Text hat: jetzt keine andere Wahl mehr. Als fertig zu werden und zu einem Buch zu werden, ja, fast schon so eine kleine Ausweglosigkeit vielleicht. Und das war auf jeden Fall was, womit ich am Anfang oder vielleicht auch lange Zeit, während ich an dem Text gearbeitet habe, nicht gerechnet habe. Therese wie war es bei dir damals? Theresia: Damals? Vor Urzeit. Tatsächlich ist es sehr lange her, dass ich überhaupt angefangen habe, über den Stoff nachzudenken. Also da ging es ja ums Bauhaus und ich hatte schon meinen Abschlussfilm in der Uni darüber gemacht. Und das war 2010 oder 11. Das heißt, es war irgendwie fast sechs Sechs, sieben Jahre vorher erscheinen und deswegen habe ich mich einfach schon so ewig mit diesem Stoff rumgeschlagen gehabt, dass ich das dann auch irgendwie gar nicht so sagen kann, wie es dann war, als ich anfing so richtig zu schreiben.
Also einmal hatte ich davor noch das Blog-Magazin gegründet und habe dann die ganze Zeit immer versucht, so zu crowdfunden: für dieses Magazin und es irgendwie gleichzeitig dann mit dem Schreiben hat mich dann einfach komplett auch überfordert. Also ich weiß noch, dass ich einfach total überfordert war und weil ich das dann nicht mehr hingekriegt habe. Aber im Nachhinein denke ich manchmal so, eigentlich war es auch so eine schöne Zeit, weil es so unschuldig war, weil man noch nicht weiß, wie das ist mit der Rezeption. Also man kann irgendwie noch so auf eine Art freier von so, also man hat noch nicht so im Kopf, dass es dann so KritikerInnen gibt, die das dann bewerten und so. Und ich meine, beim zweiten war das, hatte ich das schon viel mehr, also musste ich viel härter arbeiten um die, Aus meinem Kopf wegzukriegen und das war beim ersten Mal halt nicht so, weil man ja einfach nicht weiß und weil man auch so, ich war so gutherzig, ich habe so gedacht, naja die werden ja schon alle ihr Bestes tun, um irgendwie zu verstehen, was ich da machen will oder so. Ja
Hatice das war auch so eine Frage, die ich hatte, habt ihr beim Schreiben schon an den Marktwert so eurer Geschichte gedacht,: habt ihr daran gedacht, ob das ein Verlag findet, wie das angenommen wird oder habt ihr einfach geschrieben und das war euch noch, also Therese, du hast es ja jetzt beantwortet und das war euch so noch komplett egal. Ja, weil ich jetzt auch am Debüt arbeite aber ich habe schon andere Sachen veröffentlicht also weiß ich schon, das wird hart, also ich denke schon die ganze Zeit darüber nach, wie der Markt das annehmen wird und was genau ich schreiben soll, damit die es überhaupt nehmen und das kriege ich nicht aus meinem Kopf raus, also wie ist das bei euch? Ja. Auch bei eurem zweiten Buch jetzt vielleicht, falls ihr an irgendwas arbeitet? Ralph: Der Markt ist volatil. Um das mal auf die möglichst platteste Art zu sagen. Es ist schwierig, sich auf den Markt zu verlassen, glaube ich. Auf irgendeine Art und Weise. Ökonomisch ästhetisch, politisch. Also ich glaube, was ich versuche damit zu sagen, ist gar nicht so scheiß auf alles, aber vielleicht auf vieles.
Weil ich glaube, das, was Therese vorhin gesagt hat,: war ja freundlich ausgedrückt Oder anders gesagt nicht alle KritikerInnen geben sich dann alle Mühe Oder nur bestimmte Mühen. Und ich glaube... Ja, ich fand das ganz schön, dass du über Unschuld gesprochen hast, eigentlich Theresia, weil das war bei mir, glaube ich, auch so, trotz allem Wissens oder Beiwissens oder Nebenwissens das sich über den Literaturbetrieb angehäuft hat über die Jahre, aber da war trotzdem eine große Unschuld im Unwissen auch.
Und ich glaube, dass mich das geschützt hat vor diesen Stimmen im Kopf. Und ich glaube, wenn ich diese Stimmen stärker gehabt hätte oder gehabt hätte, dann hätte ich dieses Buch glaube ich nicht so geschrieben, wie ich es geschrieben habe. Ich glaube sogar, wenn ich mich recht entsinne, anderthalb Jahre sind schon lang, merke ich, und ich habe das Buch ja davor geschrieben,: dass ich... Schon das Gefühl hatte, dass ich, als ich Absagen bekommen habe, irgendwie das Gefühl hatte, so, hä, warum? Das ist doch voll geil. Also nicht, dass es voll geil ist, ich bin geil, sondern mehr so, hä, ich verstehe die Kritik nicht. Das ist doch nicht kompliziert. Also dass ich da wirklich unschuldig war und naiv vielleicht auch. Und ich glaube, dass mich diese Naivität und Unschuld geschützt hat vor diesem Gedanken, dass es ja, dass es Sinnmacht gibt und dass der eine gewisse Erzählung braucht, fordert. Weil wenn diese Forderung oder wenn diese Erzählung nicht eingehalten wird, dann ist sie nicht existent oder ist man selbst nicht existent als schreibende Person und Und daran wollte ich irgendwie nie glauben, dass das so ist. Und das ist definitiv naiv.
Zara Ja, ja, das ist, also das habe ich ehrlich gesagt so bei meinem Debüt jetzt auch so ein bisschen gehabt. Also ich flexe immer viel bei uns intern damit, dass ich einfach aufgehört habe, ziemlich früh überhaupt über Sachen nachzudenken, sondern irgendwie versuche mal einfach zu: machen. Und ich glaube auch, dass es irgendwie, ich weiß nicht, ob mich das nicht vielleicht auch aufgehalten hätte, wenn ich irgendwann mal darüber nachgedacht hätte, ob das vielleicht jemand lesen will und ob nicht ich das einfach nur schreiben möchte. Aber so zum Thema Markterzählung, es ist ja eigentlich immer so das große Ding, das immer gesagt wird, so ja, wenn du irgendwie mal irgendwas Einträgliches aus dem Literaturbetrieb mitbringen möchtest, damit meine ich Geld oder Anerkennung, aber vor allem auch irgendwie eine Form von finanzieller Belohnung sozusagen, dann muss man an irgendeinem Punkt ja scheinbar einen Roman schreiben. Und wart ihr irgendwann, bevor ihr den Roman fertig hattet schon an dem Punkt, wo ihr gedacht habt, so ja gut, Ich muss einen Roman schreiben, ich will einen Roman schreiben, das, worauf ich schon so lange rumdenke, wird irgendwie das Label Roman tragen oder ich muss das irgendwie so machen? Also wie seid ihr damit umgegangen?
Oder seid ihr damit umgegangen, ist eher die Frage, weil man kann es ja irgendwie im Prinzip auch: ignorieren. Sehnaz: Also quasi im Sinne dieses Marktwertes habe ich da gar nicht darüber nachgedacht Ich wollte einen Roman schreiben, weil ich eben diesen Stoff hatte, den ich in Langform verhandeln wollte. Und ich wusste, das wird keine Short Story sein, Weil es dafür zu komplex angelegt war. Also es hat einfach mehr Seiten erfordert diese Geschichte zu erzählen.
Und das war sicherlich auch schon vielleicht eine unbewusste Entscheidung, die ich halt sehr früh getroffen hatte. Und das heißt, das war ein Vorhaben wo sehr früh feststand, das wird nur Roman. Aber das hatte nicht so viel damit zu tun, dass ich gedacht habe, das ist jetzt wichtig, um auf dem Markt mich: gewissermaßen zu etablieren oder halt diesen Marktwert einzulösen, indem man etwas hat, wo halt Roman draufsteht. Theresia: Wenn ich zurückdenke, denke ich manchmal, wie irre das ist Wie wenig ich über den Markt nachgedacht habe. Nämlich kam ich aus so einem Kunst-Uni-Kontext und war eigentlich nur damit beschäftigt irgendwie so... Zu verstehen, so Kunsttheorie und experimenteller Film und so, mit sowas habe ich mich beschäftigt.
Und dann war eigentlich für mich die Tatsache dass ich ein narratives Format gewählt habe, wie eine Rebellion dagegen, weil alles, was wir in der Kunstuni gemacht haben, war, also Narrative war immer schlecht und Plot war schlecht und nicht intellektuell und zu irgendwie pedestrian. Und deswegen habe ich dann, ja, und das ist aber lustig im Nachhinein denke ich so, das ist irgendwie total irre, wenn man sich, mittlerweile weiß ich ja ein bisschen, wie so diese Literaturwelt und auch der Literaturmarkt und: so aussieht Und ich verstehe natürlich, dass dann Leute das gesehen haben und gesagt haben so, naja, also einen relativ konventionellen Roman geschrieben. Und Theresia: die konnten ja nicht ahnen, dass ich sozusagen, aus welcher Ecke ich kam. Und aber natürlich irgendwie das Marktthema oder sozusagen dieses, Das ist vielleicht nicht ganz das Marktthema, aber Highbrow, Lowbrow, was ja auch schon damit zu tun hat, weil man ja davon ausgeht dass sozusagen Entertainment sich besser verkauft als jetzt Kunst. Und nachdem so ein bisschen mein künstlerisches Programm ist, eigentlich immer dazwischen zu gehen, also ich habe jetzt beim zweiten Roman auch ein Genreroman geschrieben, also eigentlich Sci-Fi, eigentlich auch Unterhaltung und so, also eigentlich auch sozusagen Marktdinge, muss ich mich zwangsläufig damit auseinandersetzen, was Leute wollen.
Also zum Beispiel bei meinem zweiten Buch hatte ich Amazon-Rezensionen ganz viele Rezensionen die so, das ist ja gar keine richtige Dystopie Also Leute, die enttäuscht sind, weil ich sozusagen dem Genre nicht gerecht geworden bin. Und das ist aber ja auch interessant, also da denke ich dann: irgendwie so, ja okay, vielleicht funktioniert das, was ich versuche. Nämlich also ich möchte immer, dass der Buchhändler nicht weiß, wo es hinstellt, oder die Buchhändlerin nicht weiß, wo sie es hinstellen sollen. So ist es jetzt. Ist das Literatur oder ist das Unterhaltung oder wo gehört das hin, weil ich das nämlich auch halt irgendwie immer noch ein bisschen snobistisch finde, diese Idee, dass Unterhaltung schlecht ist oder dass Plot schlecht ist oder was auch immer. Und ich kam eben sowieso einfach irgendwie von diesem Wunsch her, Geschichten zu erzählen. Insofern lag mir das einfach nahe. Ralph: Ja, ich glaube, es ist interessant, dass du sagst, dass man eigentlich eine Form oder ein Genre bedienen will, um es dann quasi zu unterwandern auf eine Art. Aber dass man ja sobald man Dystopie sagt, zum Beispiel durch Sci-Fi, dass dann ganz viele Alarmlichter oder Lichter angehen bei Leuten und die so, ah, dann ist es ja das.
Und dabei ist das Genre an sich ja zum Beispiel dystopischer Roman oder Sci-Fi inhärent ja immer anders, weil er ja das andere ja neu: englischsprachige Bücher, auf denen jetzt manchmal Roman steht, manchmal steht Novel, manchmal steht Unnovel, manchmal steht gar nichts. Und ich habe dann aber auch sehr schnell begriffen dass der Romanbegriff im deutschsprachigen Bereich oder in der deutschsprachigen Literatur einfach sehr, sehr konservativ ist, im Grunde genommen. Das ist per se kein Vorwurf. Es ist einfach relativ eng gefasst. Und ich glaube, dass es da auch Irritationen gab bei mir. Es ist jetzt ein Roman. Es stand jetzt keiner Amazon-Rezension, dass es jetzt per se schlecht ist, dass es draufsteht. Aber ich glaube, da ich zu der Zeit einfach auch oder immer eigentlich sehr viel Englischsprachige Literatur lese irgendwie aus UK und den Staaten und auch Indien, ist es halt, merkt man irgendwie wie so, okay, dass es da Genre Verschiebungen und dass es andere Kategorien gibt.
Also Creative Nonfiction, Creative... Oder Non-Creative Fiction gibt es vielleicht auch, keine: Ahnung, aber es gibt vielleicht jegliche Arten von Kombinationsmöglichkeiten, wo man irgendwie ausloten kann, okay, is it a memoir, is it a fictional essay, weißt du, diese Sachen, diese Begriffe gibt es ja im Grunde genommen als feste Begriffe im deutschsprachigen Raum nicht. Und ich glaube, das hat dann schon dazu geführt dass es dann irgendwie Fragen gab, aber ich kann, ja, ich weiß nicht, ich kann eigentlich gut damit leben, dass da, also bei meinem Buch-Roman draufsteht, es ist ein sehr dünnes Buch, sind nur sehr viel wenig Worte im Grunde genommen, aber trotzdem wird ja eine Geschichte erzählt über eine Zeit hinweg in der sich Charaktere verändern, zum Beispiel, das ist ja eine Roman-Definition, wenn man so möchte.
Und, ähm... Ich glaube, ich weiß nicht, wer es gesagt hat, dass man einen Roman veröffentlichen muss, quasi um dann Geld zu verdienen. Also man kann ja auch mit einem Roman gar kein Geld verdienen. Das ist kein Garant dafür, nur weil ein Roman draufsteht, ist irgendwas damit passiert.: Manchmal im Gegenteil. Aber es gibt auf jeden Fall ein sehr starkes Gefälle zwischen Lyrik oder Hardcore-Lyrik und so Poser, glaube ich schon. Und ich glaube, ich habe vielleicht auch bei dem Buch jetzt irgendwie so ein, Therese Dusswein auch so Highbrow-Lover gesagt, ich glaube, ich habe hier so einen Middlebrow-Ansatz eigentlich versucht bei meinem Buch. So wie so the best and worst of all worlds. Und ja keine Ahnung, wie das gelungen ist. Aber irgendwie dachte ich so, es muss doch irgendwie trotzdem zugänglich sein. Es wäre doch schön, meine Eltern das lesen und verstehen. Nicht verstehen, aber schon verstehen. Zara: Ja, ich frage mich tatsächlich auch manchmal, ob so ein Roman oder die Gattung nicht auf eine Art auch eine Bullshit-Kategorie ist. Also literaturwissenschaftlich natürlich überhaupt nicht, aber ja, mein Eindruck ist halt auch, dass es manchmal am ehesten halt den BuchhändlerInnen hilft, damit sie wissen, wo sie es hinstellen sollen.
Ralph: Ja, und dann sind sie aber trotzdem, also ich meine, die sind ja trotzdem vor den Kopf gestoßen, verständlicherweise, Zara: wenn Ralph: sie jetzt irgendwie halt so ein Zwischending oder so in der Hand halten. Zara: Wer soll das verkaufen? Ralph: Ja oder wer soll das irgendwie lesen weil ist das dann eine Erwartung an eine Lyrik-Lese-Innenschaft, die man dann hat, oder ist das, genau, das ist ja nochmal eine andere Geschichte. Hatice: Ja, ich hatte das bei meinem Lyrik-Debüt, dass Leute, und da sind auch Bilder drin und Illustrationen und sowas drin, und da hat mir eine Buchhändlerin gesagt, sie wusste nicht, was sie damit machen soll.
Sie wusste nicht, wie sie damit umgehen soll, dass das so anders aussieht und nicht nur Blogtext ist. Ich so, guck dir die Bilder an und liest den Text, was soll ich dir sagen? Das ist doch jetzt irgendwie kein Problem, aber es ist eben, ich glaube, oder wie ich es jetzt verstehe, ja Das natürlich sehr auf die LeserInnen zugeschnitten ist und wenn es eben kein: Blogtext ist, dann wissen die oft nicht, was sie damit machen sollen oder haben Angst, das nicht zu verstehen und wenn sie es nicht verstehen, dann sind sie ja, fühlen sie sich vielleicht dumm oder keine Ahnung und deswegen versuchen die einfach die LeserInnen natürlich, weil die kaufen ja die Bücher irgendwie zu beglücken. Also ist jetzt, was ich dachte, aber zu einer anderen Frage. Hat sich irgendwas für euch verändert, seit ihr das Debüt veröffentlicht habt, also vor allem auch durch diese Promophase, weil wir hatten auf der Buchmesse ja auch eine Folge und Cecile Joyce-Röske hat gesagt, du bist die ganze Zeit so alleine und schreibst den Text oder du bist nur mit Agentin und Lektorin zusammen und dann auf einmal musst du auf die Bühne und darüber ständig reden. Wie war das für euch oder was hat sich da für euch verändert oder war das für euch zufrieden Total easy.
Sehnaz Ich weiß nicht, ob sich so viel für mich verändert hat. Das Schreiben ist ja schon eine sehr, also wie soll ich sagen, es ist ja eine Aufgabe, wo du sehr sehr stark so auf dich selbst: zurückfällst auf dich selbst gestellt wirst und Dich wirklich eigentlich auch nur auf dich verlassen kannst bis zu einem gewissen Punkt und dann kannst du dich noch nicht mal mehr auf dich selber verlassen und dann musst du einfach irgendwie hoffen, dass es halt gut geht und dass du irgendwie diesen Text so beendest wie der Text das halt möchte.
Also diese Geschichte verselbstständigt sich ja auch ab einem gewissen Punkt. Und ich glaube, das war eine Erfahrung, die vielleicht mitbedingt hat, dass ich jetzt ein halbes Jahr oder wie lange nach Veröffentlichung das Gefühl habe, ich glaube, es hat sich nicht wirklich etwas verändert in dem Sinne, Und natürlich spreche ich gerne über den Text, weil ich mich gerne mit diesen Figuren: beschäftige. Und man verbringt ja irgendwie so viel Zeit mit dieser Geschichte, mit diesen Figuren, die irgendwie erstmal einfach nur so da sind, ohne dass man so richtig weiß, was eigentlich mit ihnen passieren soll. Oder es sind ja erstmal nur so Fragmente da und dann wird das alles immer greifbarer Und du verbringst so viel Zeit mit diesen Lebenswelten die du da skizzierst Dass es auf eine Art natürlich auch ein bisschen traurig ist, diese Welt dann wieder zu verlassen.
Und deswegen finde ich es eigentlich ganz schön, immer mal wieder Ausflüge dahin zurückzumachen. Gleichzeitig ist das natürlich auch etwas, was nur in meinem Kopf stattfindet, genauso wie diese ganze Arbeit vorher ja nur in meinem Kopf stattgefunden hat. Das heißt, was so diesen sozialen Aspekt: angeht den du gerade in deiner Frage so mit angesprochen hast, den fühle ich irgendwie gar nicht so, den sehe ich, den nehme ich irgendwie gar nicht so wahr, muss ich sagen. Ralph: Was war der soziale Aspekt nochmal? Zara: Dass man so viel danach mit Leuten über den Roman sprechen muss, auf der Bühne zum Beispiel. Sehnaz: Also ich habe die Frage jetzt schon auch so verstanden als während des Schreibens quasi die Zusammenarbeit auch mit Agentur und Verlag und das quasi so als kleines Netzwerk das einem hilft, diesen Text zu beenden.
Hat die Deko, regiere mich auch gerne, wenn ich die Frage da irgendwie falsch aufgefasst habe. Nö, nö habe ich ja gesagt. Genau, und ich glaube, gerade vor dem Hintergrund auch nochmal, weil: auch das war für mich so, also natürlich habe ich diesen Text nicht komplett nur aus mir selbst heraus geschrieben.
Natürlich hatte ich auch Leute, die trafen Die aufgeguckt haben und ich hatte die Gelegenheit... Wertvolle Gespräche zu führen, die mir geholfen haben, diese Geschichte zu entwickeln, aber trotzdem würde ich doch sagen, dass das jetzt für mich kein relevanter Faktor war, ob es da jetzt so ein Netzwerk von Verlag, Agentur oder so in dem Sinne so institutionalisierten Körpern irgendwie gibt und auch dieser Aspekt von der: Text ist fertig, du hast damit Auftritte, also auch da wieder diese, also du bist halt auf dem Markt, du existierst irgendwie nicht nur in dieser Privatheit die ja auch zwischen dem Text und Lesenden die ja auch zwischen Text Lesenden Bestehen kann, sondern du existierst halt in dieser Öffentlichkeit. Ich glaube, ich klammere das so ein bisschen aus. Ralph: Ich habe jetzt eine Lesereise in Indien im September, Sehnaz: in Ralph: Nordindien mit dem Buch und da muss ich auch wieder Bücher mitnehmen und ich habe extra mehr Gepäck 30 Kilo geholt, damit ich dann irgendwie meine 20 Bücher noch mitnehmen kann, die ich dann irgendwie so und dann kriege ich ein paar Rupien auf die Hand und das ist nice. Ich meine, das ist cool. Das ist ein schönes Gefühl irgendwie. Aber es ist irgendwann ja
geht so der der: kommen wir nicht mehr zum Schreiben. Und ich glaube, vielleicht kann das dann zu einem Problem werden, weil die Aufmerksamkeit ja vielleicht auch toll ist oder man das genießt oder weil es eine gute Ablenkung ist. Und das war es war alles. Für mich. Und ich hatte wirklich großes Glück, glaube ich auch, und habe so viele tolle Menschen kennengelernt, die ich davor nur so vom Hören sagen konnte und dann irgendwie einfach anders kennengelernt habe.
Auch Therese zum Beispiel. Und es war sehr voll schön eigentlich, dass man unter gewissen Umständen dann Menschen nochmal anders kennenlernen kann, nochmal anders ins Gespräch kommt. Gar nicht zwangsläufig über den Text selbst, das ist eigentlich das Schönste, dass man eigentlich KollegInnen kennenlernt, FreundInnen vielleicht sogar FreundInnschaften schließen kann, wo es gar nicht um per se das eigene Schreiben: geht, jetzt so sehr so, woran schreibst du? Oder über die Praxis des Schreibens, sondern über Themen, die einen bewegen, beschäftigen oder belanglos ist, ist ja auch schön. Und ich glaube, das habe ich sehr zu schätzen gewusst das weiß ich immer noch sehr zu schätzen. Und ja, ich glaube, der finanzielle Aspekt war bei mir halt auch noch nicht unwichtig Also ich habe einen Indie-Verlag veröffentlicht und da lag nicht so viel drin, was Vorschuss angeht und so. Und da war ich dann sehr froh, diese Lesung zu haben, sehr, sehr froh. Zara: Therese wie war es bei dir? Also vor allem vielleicht im Vergleich mit den Büchern, die danach gekommen sind?
Theresia Also ich meine, bei mir hat sich tatsächlich eigentlich mein Beruf geändert weil ich habe davor ja vom Journalismus gelebt Was bedeutet, dass man sehr viele Artikel schreiben muss, wenn man frei als Journalistin: arbeitet. dann habe ich dieses Buch geschrieben und habe auch eigentlich nicht, ich habe das jetzt nicht geschrieben, weil ich dachte, ich will jetzt Schriftstellerin sein und ich muss jetzt dieses Buch schreiben, sondern ich wollte halt irgendwie, dass dieses Buch in der Welt ist und ich wollte diese Geschichte erzählen. Und dann fing es danach irgendwie so an, dass dann Leute fragen, ja, was ist jetzt mit dem nächsten Buch? Worum geht es mit dem nächsten Buch? Und ich war eine Zeit lang dann so, oh, ich weiß gar nicht, ob ich jetzt noch ein Buch schreiben will. Ich habe doch jetzt, also ich mache das nur, wenn mir eine Geschichte unterkommt, die ich finde, also die ich wert finde, sie zu erzählen.
Also ich mache das jetzt nicht, um mein Buch zu schreiben. Und dann war es aber irgendwie so, dass dann dann wurde es auf einmal so unbefriedigend diese Artikel zu schreiben, die dann, ich meine das hängt natürlich auch ein bisschen damit zusammen, dass das genau in die Zeit des sogenannten Mediensterbens Fällt und fiel, also das heißt, wenn man heutzutage, es gab ja auch noch Zeiten, da haben Leute dann aus Social Media wegnavigiert und tatsächlich dann noch so Essays gelesen oder so,: aber das passiert ja jetzt auch nicht mehr, also die armen JournalistInnen müssen ja jetzt immer ihre Artikel auf Twitter so zusammenfassen in Social Writes. Das heißt, man hat irgendwie das Gefühl, es wird irgendwie dann gar nicht rezipiert, wenn man was in eine Zeitung schreibt und es ist auch einfach eine andere Art zu arbeiten, die mir dann irgendwann nicht mehr, ich weiß nicht einfach dieses so kurz über irgendwas nachdenken und so wenig Zeit haben, sich in den Stoff zu vertiefen und ich liebe Recherche das ist eigentlich mein liebster Teil der Arbeit und das kann man dann eben immer nur so kurz und oberflächlich machen, weil sonst kann man das ja auch gar nicht finanzieren und deswegen ja, deswegen habe ich dann eben halt Bücher geschrieben und das heißt, das ist schon und weil mir irgendwann Da doch eine Geschichte unterkam, die ich erzählen wollte.
Genau, und das, also insofern hat sich das dann schon, hat das Debüt sehr viel geändert für mich, ja. Und das, Ralf was du: sagst, oder ich weiß nicht, ob ich dich falsch verstanden habe, aber ich fand das irgendwie dieses, man hat ja dann fast wie so eine Angst, dass man stecken bleibt in diesem Lesungsloop, dass Theresia: man nie wieder irgendwas schreibt. Und Theresia: ich hatte beim ersten Buch so das war Zufall das haben mir natürlich die Leute auch nicht geglaubt aber es war Zufall, dass das erschien zwei Jahre vor dem 100. Jubiläum des Bauhauses. Es erschien 2017 und 2019 war das 100-jährige Jubiläum. Und das war dann halt so, dass das dann nochmal richtig losging mit Lesungen, praktisch zwei Jahre nach Erscheinen, was ja auch nicht normal ist. Und Und damals wusste ich auch nicht, glaube ich dass man auch Nein sagen kann. Also ich habe halt gedacht, ich muss jetzt jede Lesung machen, die mir angeboten wird. Und das habe ich, glaube ich, auch gelernt in der Zwischenzeit, dass man Nein sagen kann. Hm. Zara: Ich glaube, das müssen wir ja auch extra nochmal sagen.
Das hatte ja Elina Penner damals auch gesagt, dass sie das auch erst gelernt: hat. Also man darf Nein sagen zur Lesung. Ich bin tatsächlich jetzt gerade auch noch in diesem Lesungsloop und bin genau da, dass irgendwie Leute immer schon fragen, so und nächstes Buch, kommt das irgendwann? Und ich denke immer nur so, ja, wann soll ich denn schreiben? Ich muss die ganze Zeit irgendwie so Buch-Instagram machen oder sowas. Oder Zara: mit dem Zug irgendwo hinfahren. Und da ist definitiv das größte Problem, dass ich immer erst mal von Kiel nach Hamburg muss und das das größte Krisengebiet der Bahn ist Und ja, man kommt ja tatsächlich einfach in dieser Verwertungsphase gar nicht wirklich zum Schreiben. Und dann Theresia: ist mir noch was eingefallen, was ich gedachte, was vielleicht zu weit weg führt, aber ich weiß es nicht, könnt ihr mir sagen, dass ich schon auch das Gefühl habe dass sich politisch sehr viel verändert hat seitdem. Also jetzt, ich habe ein bisschen Abstand, das heißt, ich gucke mit viel Abstand drauf, aber es ist 2017 erschienen und zwar vor MeToo.
Und das war dann, also es ist strange, jetzt praktisch sieben Jahre später auf die Rezeption zu schauen, weil die war, also da waren zum: Beispiel so Rezensionen, die waren so, ja, also dieses Frauenthema das ist doch unoriginell, das kennen wir doch jetzt schon und so. Und also es gab eine ganz andere Art von, sagen wir mal, Mangel der Behutsamkeit im Umgang mit solchen Themen. Und auch, also tatsächlich habe ich mich vor kurzem sehr gefreut weil ich auf Instagram gesehen habe. Irgendwer hat das Debütbuch nochmal rezensiert jetzt irgendwie sieben Jahre später und da wird es sozusagen als queer-feministischer Buch Roman gelesen und das war damals überhaupt nicht so. Also damals gab es auch überhaupt noch gar nicht so ein, weiß ich nicht, überhaupt so ein, dass jemand über Bücher so geschrieben hat, also vielleicht ein, zwei Leute oder so, aber es war keine breite Rezeption in der Hinsicht.
Und das ist natürlich schon interessant, wenn man über so Sachen schreibt, die irgendwie auch politische Aspekte haben, wie sozusagen die dann später, also wie die Rezeption sich theoretisch verändert oder wie, ja, was der Zeit geschuldet ist, in der es: erscheint. Ralph: Ja, und es geht ja eigentlich nochmal zurück zum Beginn des Gesprächs, wo wir so quasi über Kategorien oder so gesprochen haben, die man dann versucht zu bedienen oder eben nicht, in die man halt Themen vielleicht noch so... subtiler einfließen lässt oder so oder anders. Ich weiß, Shane, das in deinem Buch ist ja, also... Ich werde jetzt nichts vorwegnehmen oder so, aber wir hatten ja auch mal darüber gesprochen, dass es eine gewisse Erwartung gibt gegenüber Cemal, deinem Hauptprotagonisten, der ja im Grunde genommen einfach ein anderes Beziehungsmodell lebt.
Und das ist nicht mal anders, das ist einfach ein sehr, eigentlich fast normales mittlerweile, aber es wird halt als anders gelesen, weil er geallert wird als türkischstämmiger Mensch. Und das zieht sich ja dann quasi über die ästhetische Rezeption bis in die politische Rezeption. Also ja, dass man jetzt vielleicht: sagt, okay, das ist die einzige Person aus der Schweiz, die irgendwie das und das schreibt oder so, weil ich jetzt in der Schweiz aufgewachsen bin. Und meine Eltern aus Südindien kommen. Gut, die Schweiz ist klein, aber es stimmt trotzdem nicht. Und... Dass es dann erst viel später eigentlich vielleicht, also jetzt bei dir, Theresia, dass es dann so ist, dass man dann sagt, okay das ist queerfeministisch. Genauso wie man bei Christian Kracht nicht gesagt hat, das ist ein queerer Roman 1979, obwohl es zwei schwule Männer sind, es ist ein schwules Paar das irgendwie nach Tenerweiß. Also ich glaube, diese Rezeptions- und Perzeptionsgeschichten sind sehr stark abhängig von nicht nur politischen Gegebenheiten sondern auch, wie wir politisiert werden als Individuen, als AutorInnen, ob wir überhaupt als AutorInnen gesehen werden oder ob wir uns legitimieren müssen durch unser Schreiben als solche.
Und ich glaube, da ist das Gefälle extrem. Und da gibt es, also ich: glaube, da... Und es ist auf jeden Fall viel, viel schwerer wenn man so von Null aus starten muss oder was heißt von Null aus, wenn man auf irgendeine Art und Weise geaddert wird. Und das beginnt ja schon, wenn man jetzt zum Beispiel nicht dem sogenannten männlichen Kanon angehört oder überhaupt männlich gelesen ist. Und dann geht es einfach nur noch, dann wird es einfach immer nur noch schwieriger mit jedem Schritt, der dazukommt. Und glücklicherweise gibt es ja jetzt Bücher von Nicole Seifert glaube ich, die das ja wirklich systematisch aufarbeiten, also diese Misogynie. Hatice: Schena willst du auch noch was dazu sagen? Ich glaube, es geht
Sehnaz auch sehr viel um Vergleichbarkeit. Also der Wunsch... Der Öffentlichkeit jetzt so im Allgemeinen also sehr, sehr verallgemeinert jetzt gesprochen,: ist gerade bei Debüts die Kategorisierung, was wir ja vorhin auch schon hatten. Und das funktioniert sehr, sehr viel über, womit kann ich es denn vergleichen? Und das birgt natürlich auch diese Gefahren. Und Ralf, klar, wie du gerade auch sagtest, wir haben da ja auch schon viel darüber gesprochen, dieser Ansatz, den ich auch bei Juch verfolgt habe von... Eine Ausgangslage in der Erzählung zu inszenieren, die dann nicht unbedingt das ist, worum es eigentlich geht.
Also dieser doppelte Boden eigentlich in der Erzählung. Das ist dann natürlich etwas, was voll schwer ist, dann damit zu leben, wie dann in der Rezeption das aufgenommen wird. Weil: wenn du einen doppelten Boden schreibst oder so ein trojanisches Pferd machst, ist ja klar, dass natürlich nicht alle Leute das so lesen werden, wie du das beabsichtigt hast. Und wenn ich ehrlich zu mir selber bin, dann weiß ich ja auch, ich habe es ja nicht so geschrieben, damit alle es verstehen. Also und wenn ich von diesem Punkt aus anfange, dann brauche ich mich ja auch nicht wundern, wenn in der Rezeption dann einfach verschiedene Wahrnehmungen dann sich offenbaren. Aber das macht es natürlich schwer vor dem Hintergrund dass man eben nicht davor gefeit ist, in Schubladen auch reingesteckt zu werden.
Theresia Darf dazu ganz kurz noch was? Ja natürlich. Also ich finde das total richtig und Und wichtig,: Janice, dass du von dem doppelten Boden sprichst, weil ich ganz viel über so Benefit of the Doubt nachdenke. Also ich glaube, es gibt, wie viel traut man einer Autorin oder einem Autor zu an künstlerische Agenda, also an doppelten Boden oder auch Referenzen oder Ironie oder was auch immer. Und da, glaube ich, ist es ganz, ganz stark, dass sozusagen nicht-Weiße, nicht-Heterosexuelle, nicht-männliche AutorInnen einfach viel weniger Benefit of the Doubt bekommen. Also denen wird einfach viel weniger zugetraut und dann gibt es eben immer nur diese eine Lesart. Und da wird dann auch immer gerne voneinander abgeschrieben.
Also es gibt eine Rezension sagen wir mal. Die sagt dann, das ist so und dann lesen irgendwelche RadiomoderatorInnen dann diese Rezension und fragen dann immer dieselben Fragen. Und dann wird es sehr schwierig, irgendwie daraus auszubrechen und das kann schon ziemlich frustrierend sein.: Zara: Wo wir jetzt schon so bei der Rezeption waren, wie hattet ihr denn so den Eindruck, wie das für Yitong mit euch umgegangen ist? Also wie habt ihr das so wahrgenommen in den Besprechungen? Hatice: Oder generell mit Debutantinnen auch umgeht. Also hat man da noch so Welpenschutz oder eher gar nicht und die sind immer direkt hart, weil eigentlich soll man ja wissen, worauf man sich einlässt. Aber ihr habt es ja schon so ein bisschen angesprochen, damit, wenn man marginalisiert ist oder irgendwie BIPOC, jüdisch schwarz, was auch immer, eine Frau, dann wird das eh direkt immer ganz anders gelesen. War das bei euch auch so? Oder hattet ihr den Eindruck, dass es...
Ralph Ich glaube, ich kann mich da nur nochmal auf meine Plattitüde der Volatilität des Marktes beziehen.: Mal so, mal so. Ich weiß nicht. Gibt es eine Regel? Gibt es eine Regel, wann etwas gut ist oder wann etwas schlecht ist? Ich weiß nicht. Ich glaube, die Frage ist so ein bisschen... Also jetzt zu sagen, man wäre gut mit mir umgegangen, wäre genauso verfehlt wie zu sagen, man ist schlecht mit mir umgegangen, man ist mit mir umgegangen und ich glaube, ich sage das so, weil ich glaube, oder ich hatte das Gefühl, dass Menschen in meinem Umfeld, die schreiben, auch oft in dem Gefühl eigentlich sind, dass sie um Aufmerksamkeit dringen müssen, überhaupt.
Und es erscheinen, keine Ahnung, 220 Debüts pro Saison oder so im deutschsprachigen Raum. Das ist ja insane. Wieso man da überhaupt irgendwie was... Und mir war das überhaupt nicht bewusst, bis gewisse Leute gesagt haben, aber du bist ja da und da und da und da.: Und dann war ich so, ja, so. Die so, ja, aber es gibt so viele Bücher, die nicht beachtet werden. Und deswegen glaube ich kann ich die... Es ist vielleicht ein bisschen vermessen von mir, diese Frage überhaupt zu beantworten Vielleicht müsste das eher jemand beantworten Der oder die ja genauso viel Herzblut und so viel Mühe und wahrscheinlich auch Freude ins Schreiben reingesteckt hat und dann kommt vielleicht gar nichts oder nicht so viel. Und das den KritikerInnen vorzuwerfen, ist ja genauso verfehlt wie ihnen irgendwie zu applaudieren oder zu hofieren und zu sagen, das ist toll dass ihr mir ein Buch gesprochen habt, aber bitte das nächste auch. Also da gibt es ja irgendwie keine Regel, aber gleichzeitig ist es so, und ich glaube das ist vielleicht so ein größerer Bogen in diesem Gespräch, dass auch mir das Debüt viel eröffnet hat eigentlich auf die Art.
Es hat mir auch ein bisschen was leichter gemacht auf eine Art. In dem Sinne dass das Buch: jetzt erstmal da ist, ist es erstmal so eine Visitenkarte, Und auf kann man sich beziehen oder auf die können sich Menschen beziehen, das tun sie auch. Und dann wird eigentlich auch davon ausgegangen, dass ich das ja mit einer gewissen Intention gemacht habe, was auch stimmt. Und ich glaube, dass dann da die Kritik oder die KritikerInnenwelt einfach eine andere ist in der Produktion von ästhetischer Rezeption im Grunde genommen. Und da spielen all diese Bereiche mit rein, also dass es bestimmte Formen gibt, die man einhalten sollte oder nicht, in welchem Verlag kommt man raus, ein großes ein kleiner, hat man davor vielleicht schon mal einen Preis gewonnen oder nicht. Und da spielen so viele Sachen rein. Ich glaube, ich kann die Frage gar nicht wirklich allumfänglich oder überhaupt wirklich friedig beantworten
Theresia Ja, ich wollte vielleicht noch kurz sagen, also: so, Ralf du hast natürlich recht, dass Aufmerksamkeit an sich ist ja schon sozusagen eine Ehre oder ein Privileg oder was auch immer, also dass man überhaupt wahrgenommen wird, ist natürlich irgendwie toll, aber ich dachte auch jetzt vielleicht jetzt gerade guter Zeitpunkt, dass ich mal sozusagen kurz einfach anerkenne, dass ich aus einer relativ privilegierten Position heraus angefangen habe zu schreiben, weil ich aus einer Familie komme, in der geschrieben wurde und weil das natürlich auch heißt, also dass gerade das Feuilleton einfach den Namen schon kannte, das heißt Aufmerksamkeit war mir erstmal sicher, ich meine, Leute stellen sich das dann immer so vor, dass das alles, alle Türen öffnet, so ist es dann auch nicht und es gibt nämlich natürlich eben auch irgendwie eine andere Seite der Medaille, nämlich, dass es oft Leute gibt, die Dinge verhandeln, die eigentlich gar nichts mit mir zu tun haben, Und das ist sozusagen halt einfach dieses zweischneidige Schwert.
Aber ich wollte es einmal gesagt haben, weil das jetzt: die ganze Zeit schon um Debüts geht, das muss man ja auch, darf man auch nicht verschleiern, dass es auch im Literaturbetrieb genau wie in allen anderen Bereichen unserer Gesellschaft halt solche Dinge gibt. Zara: Naja, nee, vielleicht noch irgendwie so zum Thema, welche Türen dann geöffnet werden oder so. Also ich sehe das auf jeden Fall auch genauso, dass irgendwie oft viel Glück dazu gehört. Aber ich bin halt zum Beispiel, also ich komme nicht aus einer Familie, wo geschrieben wurde, aber ich bin, weil irgendwie mal ältere Verwandte gesagt haben so, ja, ach, die Sarah, die schreibt bestimmt mal ein Buch, bin ich halt mein ganzes Leben schon mit der Attitude rumgelaufen, dass ich denke, ja, ich schreibe mal ein Buch. Keine Ahnung, es ist ja manchmal halt interessant, wie man dann am Ende des Tages tatsächlich dazu kommt, mal ein Buch zu schreiben.
Sehnaz Das ist witzig. Also mir, nachdem mein Buch veröffentlicht wurde, wurde mir das dann auch von verschiedenen Menschen, so aus der Familie und Leuten, die mich halt schon mein Leben lang kennen, mitunter so gespiegelt.: Und so mit dem Satz ich wusste, dass du irgendwann ein Buch schreibst oder so. Und ich, wie soll ich sagen, ich bin immer voll gerührt wenn mir das gesagt wird. Und gleichzeitig kann ich es halt null verorten, wie irgendjemand halt darauf gekommen ist. Und vor allem was bedeutet das eigentlich? Aber ich... Ja Sarah, ich weiß nicht, wie du das empfindest. Ich finde es auf jeden Fall immer sehr süß Also so im besten Sinne sweet, wenn mir sowas gespiegelt wird. Zara: Ja, ich finde es auch immer irgendwie ganz putzig, weil ich dann auch immer gleichzeitig denke, ich meine man kann ja diverse Sachen über Leute vermuten, zum Beispiel so, ja, die wird mal zehn Chihuahuas haben oder denke ich dann auch mal so, interessant, wie Leute zu diesen Annahmen kommen.
Also.: Hatice: Ja. Seid ihr denn neidisch, wenn ihr nicht ausgewählt werdet? Oder habt ihr überhaupt irgendwie Neid auf andere Debutantinnen, die vielleicht auch mehr Aufmerksamkeit bekommen? Oder hattet ihr noch nie irgendwelche Neiderfahrungen bisher? Ralph: Ich hatte noch nie in meinem Leben Neiderfahrungen Das möchte ich in diesem Podcast festgehalten haben. Dankeschön.
Ja, also Neid ist Teil des Lebens.: Aber was ist die Frage genau? Also so, wie man da mit diesen Neiderfahrungen umgeht? Hatice: Ja, also wie verarbeitet ihr das? Ist es bei euch auch eher ein schlechtes Gefühl oder ist es eher ein anspornendes Gefühl? Kann ja beides sein. Kann aufhalten, kann irgendwie motivieren. Ralph: Ich glaube, es ist schwierig, über das Gefühl zu sprechen, wenn wir, für mich, wenn wir über den Markt sprechen wieder, also über die äußeren Merkmale oder Kennzeichen, die einem Buch als Attribut angeheftet werden, zum Beispiel durch eine Longlist, Shortlist-Nominierung des Deutschen Buchpreises oder durch Preise im Allgemeinen, weil das im Grunde genommen ja eine Legitimierung gibt, sozusagen, eines Gremiums, dass dieses Buch jetzt ausgewählt wird.
Und natürlich kann man dann sagen, so, ja, klar, aber: dieses Gremium hat einfach ganz spezifische Bücher ausgewählt und andere ausgeschlossen und das stimmt. Aber gleichzeitig möchte ich mich nicht in dieses Feld begeben, wo ich dann irgendwie so diese ganzen Entscheidungen irgendwie auseinanderziselieren muss für mich, um dann irgendwie festzustellen, ah, okay, hier wird diskriminiert, ah, okay, hier werden Stimmen von… Marginalisierten Menschen weniger beachtet, weil sie einem Kanon nicht entsprechen. Ah okay, wenn das die Erkenntnisse sind meines Zieselierungsprozesses, dann habe ich Zeit verschwendet. Das weiß ich auch so. Und dann macht es mir dann nicht so Spaß, meinen Neid oder so an diesen Faktoren zu messen sozusagen. Mein Neid entsteht viel eher bei einem Buch, das ich lese wo ich nicht verstehe, wie jemand so etwas schreiben kann. Wo ich der Sprache nicht auf die Schliche komme, aber sie berührt mich trotzdem. Und wo ich mich frage wie dieser Mensch noch lebt, nachdem er das geschrieben hat.
00:48:00: Wie er weiterlebt. Dort empfinde ich Neid aber ich glaube im besten Sinne, wo ich das Gefühl habe, dass dieser Neid verbunden ist mit Dankbarkeit, dass diese Person es ja gemacht hat für mich. Das ist ein persönliches Geschenk an mich in diesem Moment. Und so empfinde ich das. Und ja, Und so möchte ich hoffentlich meinen Neid verstehen, nicht nur jetzt, sondern auch in den kommenden Jahren, wenn es dann dazu kommen sollte, dass ich Neid empfinden sollte. Hatice: Voll schön. Ja, und auch eine Weise, wie man damit umgehen kann auf jeden Fall. Sollte ich mir mal antrainieren. Theresia: Also ich finde es total sinnvoll, zwischen diesen zwei Arten von Neid zu unterscheiden. Und ich glaube auch, dass das eine ist ja eigentlich eben, ich weiß nicht, aus Bewunderung. Und das andere ist eher eigentlich vielleicht sogar ein Hass auf die Welt als auf diese Person.
Also weil es geht ja eigentlich darum,: warum entstehen Strukturen, in denen das
Theresia überhaupt passiert. Ich habe irgendwann angefangen sehr offensiv mit meinem eigenen Neid umzugehen. Ich glaube, weil... Und das war auch diese Erfahrung, das sich so entwickelt, während ich das Blogmagazin gemacht habe, dass ich sozusagen live mit anschauen konnte, wie sehr das meinen eigenen Neid aushebelt, wenn ich Leute, wenn man was zusammen macht, also wenn man diese Bewunderung, entweder die Bewunderung oder, also bei dem anderen Art von Neid ist es nicht so leicht, aber wenn man davon ausgeht, dass Neid eine Bewunderungsseite hat, dann habe ich immer versucht, irgendwie, versucht sozusagen, wenn es geht, es geht ja nicht immer, aber irgendwie mit den Leuten Kontakt aufzunehmen und von ihnen zu lernen oder mich anzufreunden oder sich gegenseitig auch vielleicht sozusagen sogar sich professionell die Hand zu: reichen, weil deren Erfolg ist ja am Ende, wenn man sich solidarisiert oder nicht mal, das klingt so politisch, aber wenn man sich austauscht und so, ist ja am Ende, das profitieren ja alle davon. Und das hilft dann, dann fühlt sich nicht so an wie so eine Leiter wo einer schneller hochklettert als der andere oder so. Und also um konkreter zu werden, vielleicht habe ich dann eben oft Leute, die ich beneidet habe oder bewundert und beneidet habe, gefragt, ob sie ein Blogmagazin veröffentlichen wollen. Und das war natürlich, wenn das geklappt hat, total toll, weil dann je erfolgreicher die wurden, desto besser war das für mein Magazin. Und desto schöner war es, dann konnte ich mich halt auf eine ganz andere Art auch dann gleich freuen dafür. Und das muss man nicht so formalisieren wie mit einem Magazin.
Das kann man vielleicht auch nicht immer, aber sozusagen, das war mir eine gute Lehre. Was man damit auch machen: kann. Wie gesagt, es geht nicht immer. Man kann nicht einfach irgendwelche tollen SchriftstellerInnen anschreiben und sagen, hey, do you wanna be my friend? Aber manchmal klappt es. Zara: Lustigerweise habe ich kürzlich eine Mail bekommen mit exakt der Betreffzeile und einem Manuskript von einer Person, die ich nicht kenne. Naja. War jemand Theresia: neidisch? Ich weiß Hatice: es nicht. Ich habe das Gefühl, wir machen eh nichts anderes mit dem Podcast. Wir laden immer Leute ein, die wir cool finden und dann sagen wir Hallo. Ralph: Ja, ihr habt auch euren Weg gefunden, mit Neid umzugehen. I take it as a compliment. Hatice: Wir fragen einfach alle anderen und nehmen deren Antworten dann als unsere eigene Lebenszeit. Alles,
Sehnaz was man braucht, ist eine digitale Couch Ja, Ralf, du hast gerade von Zeitverschwendung auch gesprochen. Das habe ich jetzt gerade so einfach sehr: mitgenommen, weil ich glaube, also wenn ich Neid empfinde, geht es eigentlich um die Frage, wie soll ich Geld verdienen? Ja, genau.
In diesem Moment, wo ich erfasse, es geht aber eigentlich um meine Angst, es geht um meine Sorge, dass ich mein Leben eben nicht finanzieren kann, dann ist Neid natürlich das Gegenteil von: dem, was du in dem Moment gebrauchen kannst. Also ich empfinde Neid eher als etwas Lehmendes. Und dieser lebende Effekt ist natürlich eine Zeitverschwendung, weil ich will ja weitermachen, ich will weiterarbeiten, ich will weiter Text produzieren, Geschichten produzieren, mit coolen Leuten darüber sprechen. Und das kann ich nicht, wenn ich mich... Ja, von... Von dieser als Neid getarnten Angst leben lasse Zara: Vielleicht ist es schon die Überleitung zu unserer Partitur. Möchtest du die stellen? Weil du stellst sie immer so schön. Und außerdem hast du sie dir ausgedacht.
Hatice Ja, unsere letzte Frage ist immer, was eure Utopie wäre für den Literaturbetrieb? Also entweder generell was ihr euch mehr wünschen würdet oder auch in Bezug auf Debüts vielleicht oder auf eure: eigenen Situationen Was wäre eure Utopie? Ich fange Sehnaz: mal an. Ich würde mir wünschen, dass Lesende sich mehr trauen, um nochmal an das Thema der Vergleichbarkeit anzuknüpfen. Ich werde ganz oft von Lesenden gefragt oder eben von random Leuten, die mitbekommen haben, dass ich einen Roman veröffentlicht habe, werde ich gefragt Das ist postmikrantische Literatur Und ich reagiere natürlich unglaublich allergisch auf diese Frage.
Und ich verstehe natürlich, wo die herkommt. Es geht um den Wunsch, das zu verorten. Es geht um den Wunsch, mit einer Frage herausfinden zu wollen, was verhandelt eigentlich dein: Text. Das heißt, es geht auch um Kategorisierung. Es geht um den Wunsch etwas leichter zu greifen. Und da würde ich mir mehr Mut vielleicht, aber in jedem Fall mehr Geduld glaube ich, von Lesenden wünschen, sich auch auf Sachen einzulassen Die sich Schlagwörtern entziehen und entziehen wollen.
Und auch sich selber als Lesende genug zuzutrauen, dass man nicht diese Kategorisierungen braucht. Dass man einfach loslaufen kann und entdecken kann, ohne dass diese Verschlagwortung passieren muss. Und ich glaube, dass das: einiges besser machen könnte. Zumindest in diesem utopischen Denken. Theresia: Ich habe natürlich auch schon vorher darüber nachgedacht weil die Idee immer stellt, die Frage. Und ich habe tatsächlich es mir nicht... Ich glaube, ich bleibe jetzt mal ganz weit weg von so einer großen Utopie und spreche vielleicht auch auf die Gefahr hin dass es dann profan klingt oder zu materialistisch oder so, aber über so konkrete kleine Sachen, die ich mir wünschen würde. Und ich glaube, also die eine Sache ist natürlich, dass ich mir wünsche, und das klingt jetzt so, das ist jetzt, glaube ich wie so eine marktwirtschaftliche Utopie, was natürlich irgendwie ganz, eigentlich mir ganz fern liegt, aber ich glaube, wir haben kein Problem damit, dass Leute nicht mehr lesen, sondern ich glaube, die Verlage haben ein Distributions- und Marketingproblem und ich würde mir wünschen, dass die da mehr tun.
Und das ist ja irgendwie auch, das dachte ich: vorhin, als wir über Neid sprachen, dass man sich ja dann als Autorin und als Autor irgendwann bewusst wird, dass wir alle im selben Boot sitzen, dass wir alle Autorinnen und Autoren sind innerhalb eines Gefüges das aus noch vielen anderen Akteuren besteht. Und manchmal... Würde ich mir wünschen, dass diese Akteurinnen und Akteure sich vielleicht mehr verantwortlich fühlen würden dafür, dass das noch weiter geht, dass Bücher gedruckt werden, dass Bücher gelesen werden und so weiter. Also manchmal habe das Gefühl, es gibt so eine Schnarchigkeit da, die schade ist.
Und wenn das aber nicht möglich ist, wenn wir uns damit auseinandersetzen müssen, dass das eben nicht eine Branche ist, also ich meine ich denke auch manchmal... Manchmal wird so getan, als würde in der Literaturwelt, die Leute: wollen unbedingt Geld machen, aber dann wäre sie, glaube ich in andere Branche gegangen. Da kann man jetzt kein Geld schaufeln, zumindest seit den 80ern bestimmt nicht mehr. Und in letzter Zeit geht es viel um Kulturförderung in so politischen Diskursen und weil es auch viel um Zensur geht. Und oft ist die Antwort, die ich dann höre, ja, die Künstlerinnen und Künstler sollen sich eben nicht so sehr auf öffentliche Förderung verlassen. Dann müssen sie auch nicht Angst haben, dass man politisch eingreift in das, was sie sagen, dass man eingreift in das, was sie politisch sagen und denken. Und das klingt so, als wäre das, the bar is low, ja, aber meine Utopie wäre, dass wir eine Kulturförderung haben, die großzügig ist. Und sich gleichzeitig politisch raushält.
Und ich kann nicht glauben, dass das als Utopie durchgeht dieser Tage, aber es ist, glaube ich so. Deswegen, das sind so zwei Sachen, es tut mir leid dass das: so profan und wirtschaftlich ist, aber ich glaube, das sind so zwei Dinge, die wir, also irgendwie müssen ja die materialistischen Gegebenheiten da sein, dass Leute immer noch schreiben können, die materiellen Gegebenheiten. Ralph: Ja, ich bin tatsächlich, weil ich mit meinen Gedanken bin auch bei der Produktion von Literatur, eher als bei der Rezeption, weil die so stark gesteuert wird durch Vorschau-Texte durch Marketing, durch Kritiken, durch die Person selbst, also die Autorin selbst, dass ich mir, meine Utopie wäre, dass wir Begriffe wie Weltliteratur oder so abschaffen können.
Dass wir immer eine Utopie, dass wir Literatur nicht nur mehr als Nabelschau irgendwie betreiben müssen, weil wir irgendwie Einblick haben wollen in eine: andere Kultur oder so als Utopie. Auf jeden Hatice: Fall. Kann auch was ganz Kleines sein. Oder ein ganz kleiner Schritt. Das ist machbar. Zara: Genau, die Mikro-Utopien wie Mikrofeminismus. Okay, sehr schön. Ich glaube, dann sind wir durch für heute, oder? Vielen Dank. Unsere lieben Gäste, also danke Ralf Schellners und Theresia, dass ihr da wart. Vielen Dank an meine liebe Mitmoderatorin Hatice. Und wir verlinken euch alle Bücher und alles, was im Podcast gedroppt wurde, in den Shownotes. Wenn ihr gut findet was wir machen, könnt ihr uns einen Kaffee spendieren über Kaffee.
Auch das ist in den Shownotes. Und ich würde sagen, wir hören uns bei der nächsten: Folge.
Neuer Kommentar